Pierluigi Billone
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Mani Stereos (2009)

für Akkordeon

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Pierluigi Billone


Jedes Musikinstrument ist anders, und das Zusammenwirken von Körper und Instrument gestaltet sich jeweils auf eigene Weise. Grundsätzlich bleibt dieses Zusammenwirken immer offen und empfänglich für Veränderungen. Beim Akkordeon ist der Körper überall in Berührung mit dem Instrument, es vergrößert ihn um eine riesige Lunge. Dabei handelt es sich um ein einmaliges und spezifisches Verhältnis.

Gerade wegen der mechanischen Beschaffenheit des Instruments scheint sich der Klang manchmal unabhängig vom Akt des Spielens zu ereignen, so als ob er schon vorher existierte und auch danach in seinem Innern noch erhalten bliebe.

Das legt die Vorstellung nahe, die Arbeit der Hände sei nicht nur „Artikulieren-um-zu- produzieren“, sondern auch und vor allem „Tasten-um-zu-öffnen“ und „Erscheinen-lassen“. In diesem Fall wird der Klang zu einem Zustand-in-Berührung: ein Erhalten und Aufnehmen, und das Tasten wird folglich ein Nennen und Hervorrufen.

Die üblichen Artikulationen, welche den traditionellen technischen und expressiven Reichtum des Akkordeons ausmachen, werden hier verlassen und durch verschiedene dynamische Formen ersetzt, durch Energiestufen in einem Klang oder in komplexen und instabilen Klangballungen. Diese Veränderung in der Klangeinstellung hat notwendigerweise auch manche Veränderung der Spieltechnik zur Folge.

In diesem Fall braucht man keine Harmonielehre, um sich in den Unterschieden und den Dynamiken zurechtzufinden. Vielmehr soll der Körper seine ganze Erfahrung und das Bewusstsein der Berührung mit Energie-in-Bewegung einsetzen: die Massen, das Fließen, also auch den Wind, die Energie der Wellen, die Unterschiede an Wärme, Licht usw., aber auch die Praktik der Bewegung und die Rhythmen aus der Welt der Mechanik.

Mani. Stereos schwankt zwischen Leere und ununterbrochener explosiver Energie. Das Stück ist für Krassimir Sterev (Stereos) gedacht und wurde für ihn geschrieben. Seine außergewöhnliche körperliche Sensibilität und kreative instrumentale Kompetenz sind die Ausgangspunkte dieser Arbeit gewesen, und ihm gilt meine tiefe Dankbarkeit.